Zeit-Online hat mittlerweile das umstrittene Tracking-Tool „Facebook Pixel“ aus seiner Website entfernt. Montag Nachmittag war der Tracker nicht mehr in die Website eingebunden. Erst letzte Woche hatte ein Zeit-Leser eine Datenschutzbeschwerde gegen den Verlag eingereicht, die mit einer Textvorlage und Anleitung von Mike Kuketz und mir (Matthias Eberl) erstellt wurde. Mit dem Entfernen des Trackers hat die Zeit aber erst einen sehr kleinen Schritt zu einem datenschutzfreundlichen Webangebot getan. Über eingebundene Werbeanzeigen von Facebook Ads (brandlift.php) gehen weiterhin personenbezogene Daten an Facebook, obwohl dafür die Rechtsgrundlage in gleicher Weise fehlt. Zahlreiche andere Werbetracker dürften ebenfalls rechtlich problematisch sein. Die seit einem Jahr an den Verlag gerichtete Kritik, darunter auch die Auszeichnung mit dem Negativ-Preis „Big Brother Award“ durch die Datenschutzorganisation Digitalcourage, hatte den Verlag nicht zum Handeln bewegt. Durch die Datenschutzbeschwerde droht dem Verlag auch weiterhin ein Bußgeld in fünf- bis sechsstelliger Höhe. Eine Sprecherin der Zeit-Verlagsgruppe erklärte, das Interview mit dem Leser sei dem Verlag zwar bekannt, die Entfernung von Facebook Pixel sei aber kurzfristig wegen des EuGH-Urteils gefallen. Ebenfalls heute wurde bekannt, dass die Verbraucherzentrale gegen insgesamt acht Medienunternehmen mit Abmahnungen wegen unerlaubtem Tracking vorgeht: Verbraucherschützer mahnen erste Medien ab.
Monthly Archive:: Oktober 2019
Wir veröffentlichen eine Musterbeschwerde gegen Facebook-Tracker – und ein Leser reicht Datenschutzbeschwerde gegen ZEIT-ONLINE ein
Copyright Zeichnung: C. Pfohlmann, www.pfohlmann.de Vier Monate ist es her, dass ich in einer großen Analyse von deutschen Medienseiten den großflächigen Einsatz von Facebook-Trackern und damit verbundene Datenschutzrisiken geschildert habe. Nur wenige Verlage haben seitdem etwas geändert. Immer noch werden von vielen Nachrichtenseiten, aber auch allgemein von Websites und Shops das Besucherverhalten profilbezogen an Facebook gemeldet. Viele empörte Leserinnen und Leser haben auf meinem Blog und anderswo im Netz Tipps ausgetauscht, wie man das Tracking technisch unterbinden kann. In vielen Fällen effektiver ist allerdings eine Datenschutzbeschwerde. Die deutschen Behörden haben bereits sehr deutlich gemacht, dass sie Facebook-Tracker ohne Einwilligung größtenteils für rechtswidrig halten. Noch sind aber keine Bußgelder oder Urteile in diesen Fällen bekannt. Als Hilfestellung für betroffene Leser und Leserinnen habe ich daher zusammen mit dem IT-Spezialisten Mike Kuketz eine Anleitung und eine Musterbeschwerde erstellt, damit Betroffene leichter gegen den rechtswidrigen Einsatz der Facebook-Tracker vorgehen können. Wir erklären, wie man die wenigen benötigten Belege aufzeichnet und wie man unsere Textvorlage auf konkrete Websites anpasst, die den Facebook-Tracker einsetzen. Als echten Praxisfall haben wir bereits einen Leser ausfindig gemacht, der sich über das Facebook-Tracking bei Zeit Online sehr geärgert hat und der nun mit unserer Vorlage eine Beschwerde bei der Hamburger Datenschutzbehörde eingereicht hat. Mit dem Leser habe ich gestern auch ein Interview geführt. Selbstverständlich sollte sein, dass die Beschwerde erst eingereicht wird, wenn zuvor der Betreiber der Website mit einer Frist von beispielsweise zwei Wochen aufgefordert wurde, den Facebook-Tracker zu entfernen und darauf nicht reagiert hat. Das ist der
„Ich finde es frech, dass Zeit Online meine Daten an Facebook gibt, obwohl ich zahle“
Alexander S. ist Informatiker und hat seit 2017 die Zeit abonniert. Gestern hat er eine Datenschutzbeschwerde gegen Zeit Online eingereicht, weil diese über einen in die Seite integrierten Facebook-Tracker sein Leseverhalten an Facebook sendet. Die Behörden weisen schon länger darauf hin, dass das Marketing-Tool rechtswidrig ist, aber viele Verlagen ändern nichts, möglicherweise auch deshalb, weil Verfahren und Urteile dazu noch ausstehen. Alexander S. nutzte für seine Beschwerde eine Textvorlage und Anleitung, die wir heute veröffentlicht haben. Darin sind auch die juristischen Details aufgeführt, mit denen der Tracker gegen die DSGVO verstößt. Alexander, du hast gerade mit Hilfe unserer Vorlage eine Datenschutzbeschwerde gegen die Zeit abgeschickt. Alexander: Ja, ich wollte das schon lange machen, es hat sich nur etwas hingezogen, bis ich dazugekommen bin. Aber dann ging es eigentlich sehr fix, wenn man sich einmal hingesetzt hat. Warum willst du nicht, dass wir deinen vollen Namen nennen? Alexander: Weil ich mein Zeit-Abo behalten möchte. Ich will, dass sie das mit dem Facebook-Tracker ändern, aber ich möchte keinen Stress mit dem Verlag, nicht dass sie mir noch das Abo kündigen. Das klingt so, als wärst du eigentlich ein großer Fan der Zeitung. Alexander: Ja, eigentlich schon. Wenn man wie ich mit Kind weniger Zeit für Nachrichten hat, ist so ein Wochenzeitungsformat schön und sehr praktisch. Zudem mag ich die Zeit einfach für die politische Ausrichtung, ich sehe sie eher links und es ist schwierig gute Zeitungen zu finden, die in diesem politischen Spektrum schreiben. Ich finde auch die Artikel immer sehr gut
Das Universalmittel gegen Facebook-Tracking?
Für manche eine schöne Aussicht, für andere weniger: Eine technische Lücke im Datenbanksystem von Facebook lädt die Behörden zu Bußgeldern ein. Bild: Eileen Henderson, Gap in the fence on Black Knowe Head – geograph.org.uk – 550211, CC BY-SA 2.0 Immer noch sehen sich Internetnutzer auf einer Vielzahl von Websites und Apps mit einer andauernden Aufzeichnung ihres Verhaltens durch Facebook konfrontiert. Obwohl das im Bereich der europäischen DSGVO in vielen Fällen eine rechtliche Grauzone darstellt, kommen die entsprechenden Verfahren gegen Facebook nicht richtig in Gang, auch weil die irische Datenschutzbehörde damit entweder überfordert ist oder nicht gegen das umsatzstarke Unternehmen agieren will. Dabei ist für viele Nutzer die massenweise und intransparente Sammlung von Verhaltensdaten auf Websites und Apps außerhalb von Facebook besorgniserregend. Doch genau in diesem Bereich findet sich auch eine bemerkenswerte, wenig beachtete, technisch-juristische Schwachstelle im Trackingsystem von Facebook, mit dem Internetnutzer gute Chancen haben, die Entfernung des Trackers aus beliebigen Websites oder Apps zu erzwingen. Für diese Erkenntnis muss ich mich bei der Presseabteilung von Facebook bedanken, die mich vor einigen Wochen überhaupt auf die Idee gebracht haben, dieses Problem im Detail zu recherchieren. In einem Artikel über das Facebook-Tracking beim Bayerischen Blutspendedienst schrieb ich bei der Süddeutschen Zeitung: Die Daten könnten nun bei Facebook profilbezogen gespeichert sein (…). Facebook forderte mehrmals hartnäckig eine Richtigstellung: Facebook nutzt Pixel-Daten nicht dafür (…) Interessen zu den Profilen von Nutzern hinzuzufügen. Ich lehnte die Richtigstellung ab, weil ich meine Formulierung mit den Business AGBs von Facebook belegen konnte und aus gutem Grund